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Zyklus 2
Kompetenzen:
NMG 2: Tiere, Pflanzen und Lebensräume erkunden und erhalten
Die Schülerinnen und Schüler lernen den Vorgang der Bestäubung bei Pflanzen kennen. Sie erarbeiten sich Wissen zum Vorgang der Bestäubung und welche wichtigen Bestäubungsformen es gibt. Beim Arbeitsauftrag draussen beobachten und erforschen sie verschiedene Blütenpflanzen. Schülerinnen und Schüler stellen Hypothesen auf, welche Pflanzen selbst- oder fremdbestäubt werden. Sie vergleichen Bestäubungsarten und reflektieren die Relevanz der Bestäubung für uns Menschen.
Folgendes Vorwissen sollten die Schülerinnen und Schüler für dieses Kapitel haben:
Der Fokus dieses Kapitels liegt auf der Bestäubung. Darum wird die anschliessende Befruchtung in den vier Schritten nicht erwähnt.
Mit der Bestäubung findet der erste Schritt in der Fortpflanzung der Pflanze in der Blüte statt. Der Blütenstaub (Pollen) wird von den Staubblättern, dem männlichen Teil einer Blüte, auf den Stempel, dem weiblichen Teil einer anderen Blüte, übertragen. Ist der Pollen auf den Stempel einer anderen Blüte gelangt, so bildet er einen Schlauch ins Blüteninnere aus. Dieser wächst zuerst durch die Narbe, dann durch den Griffel zum Fruchtknoten. Im Fruchtknoten befindet sich die weibliche Samenanlage (mit der Eizelle). Dort angelangt gibt der Pollen die Spermazelle frei. In der Samenanlage verschmelzen dann die Eizelle mit der Spermazelle zur Zygote. Diesen Vorgang nennt man Befruchtung.
Bei der Selbstbestäubung gelangt der pflanzeneigene Blütenstaub (Pollen) einer Blüte auf die gleiche Blüte derselben Pflanze. Es hat den Vorteil, dass aus wenigen Individuen in kürzester Zeit eine ganze Kolonie entstehen kann. Beim Schneeglöckchen fehlen zudem auch die Insekten für die Bestäubung. Weitere Selbstbestäuber sind Bohnen, Gerste oder Erbsen. Selbstbestäubung geschieht verhältnismässig eher selten, weil durch eine Neukombination mit dem Erbgut einer anderen Pflanze weniger Gendefekte entstehen und gewinnbringende Vermischungen der Eigenschaften ermöglicht werden: Den Nachkommen der Pflanze wird z.B. so vielleicht die Anpassung an neue Umweltbedingungen ermöglicht. Die Natur hat unterschiedliche Varianten entwickelt, um wenn irgendwie möglich, die Selbstbestäubung zu verhindern. Z.B. Selbststerilität (d.h. der Pollen wächst auf der eigenen Narbe nicht), ungleichzeitige Reife von Keimzellen (Beispiel Wiesensalbei – Vormännlichkeit, Beispiel Aronstab – Vorweiblichkeit) oder auch die eingeschlechtigen – einhäusigen (z.B. Mais), oder zweihäusigen (Eibe, Weide) Blüten.
Viel verbreiterter ist die Fremdbestäubung: Bei der Fremdbestäubung wird der Blütenstaub von der einen auf eine andere Pflanze derselben Art übertragen.
Einzelne Pflanzen sind besonders gut an den Insektenbesuch angepasst. Exemplarisch dafür stehen der Mechanismus des Wiesensalbeis und die Gleitfalle des Aronstabs:
Häufig landen auf der Unterlippe des Salbeis Hummeln oder Bienen. Die Insekten drängen ihren Kopf ins Innere des Blütenblattes bzw. der Blütenblattröhre, um an den Nektar zu gelangen. Die Bewegungen des Insektes lösen einen Hebelmechanismus aus: Wie von Zauberhand bewegen sich die Staubblätter – vorher waren sie unter der helmförmigen Oberlippe verborgen – auf den Rücken des Insektes und bepudern es mit Pollen.
Der Aronstab-Kolben riecht nach Aas und lockt dadurch Käfer und Fliegen an. Insekten, welche auf dem glattwandigen Hüllblatt bzw. dem Kolben des Aronstabes versuchen zu landen, gleiten ab und rutschen in den Kessel. Hier befinden sich die weiblichen und männlichen Blütenstände, getrennt übereinander. Am Grund der Blüte befindet sich ein schleimiger Saft – dieser bietet die Blüte den Insekten als Nahrung, damit sie nicht verhungern. Zu Beginn stinkt der Kolben besonders stark, dann sind nur die weiblichen Blütenteile reif. Wenn die Insekten hineinfallen, bleiben ihre Pollen auf den Narben hängen. Ein bis zwei Tage später welken die Narben und gleichzeitig öffnen sich die Staubbeutel. Die Insekten werden mit dem Pollen beladen. Die Blüten welken und geben den Ausgang für das Insekt wieder frei. Oft lockt bereits in der Nähe schon die nächste Gleitfalle.
Die Animationen weiter unten zeigen den Ablauf der Bestäubung beim Wiesensalbei und beim Aronstab.
Blüten welche sowohl Staubblätter als auch Stempel aufweisen sind zwittrige Blüten. Beispiele dafür sind z.B. Kirsch- oder Apfelbaum.
Wenn entweder Stempel oder Staubblätter in einer Blüte fehlen, so sind die Blüten eingeschlechtig – es gibt dann entweder nur männliche oder nur weibliche Blüten. Die Pflanze ist in diesem Fall entweder:
Um eine grosse Vielfalt an Blütenpflanzen in ihrer Blüte vorzufinden, eignen sich die Monate Mai bis September am besten für den Unterricht draussen. In einem warmen Jahr können auch schon im April viele Blüten zu finden sein. Ist das Wetter zu heiss oder zu regnerisch, sind Blüten geschlossen, bei regnerischem Wetter fliegen Insekten nicht.
Ein ungefährlicher, leicht zugänglicher und möglichst naturbelassener Ort (Ruderalfläche, Rand einer Wiese oder eines Waldes, etc.) eignet sich für den Forschungsauftrag im Schritt 3. Vor dem Betreten von Wiesen und Feldern mit einer ganzen Klasse gilt es beim Besitzer oder Pächter abzuklären wo und wann das Betreten erlaubt ist. Die artenreichsten Wiesen, wo die grösste Blütenvielfalt zu finden ist, sind leider meist auch am verletzlichsten.
Der Unterricht im Freien ist ein wichtiges Element der Umweltbildung. Die Sicherheit geht beim Lernen in der Natur vor. Eine angemessene Risikoeinschätzung gehört zur verantwortungsvollen Planung und trägt zur sicheren Umsetzung des Lernens in der Natur bei.
Es kann sein, dass einzelne SuS die beobachteten Pflanzen mitnehmen möchten – für's Besprechen in der Klasse bzw. für das Lapbook in Schritt 4. Wichtig dabei ist darauf hinzuweisen, dass beim Sammeln keine seltenen Pflanzen ausgegraben bzw. gepflückt werden dürfen. Pflanzen am Rande von Wiesen, Wäldern oder um das Schulhaus zählen in den wenigsten Fällen zu den geschützten Arten. Zusätzlich kann die folgende Regel angewendet werden: "Ich pflücke keine Pflanze, wenn nicht daneben noch 10 gleich aussehende Pflanze stehen". Die gepflückte Blütenpflanze kann gut z.B. in einer zusammengeklappten alten Zeitung ins Klassenzimmer transportiert werden. Dort kann die Pflanze abgezeichnet oder zwischen den Zeitungen einige Tage gepresst und dann ins Lapbook eingeklebt werden. Gepresste Pflanzen brauchen weiterhin Luft bevor alle Feuchtigkeit entwichen ist. Mit Folie die Pflanze überziehen ist wegen der Schimmelbildung auf der feuchten Pflanze keine gute Idee.
Die Schülerinnen und Schüler werden mit dem Phänomen konfrontiert, dass eine Pflanze fest verwurzelt ist und sich nicht bewegen kann. Die Konsequenzen daraus überlegen sich Schülerinnen und Schüler mit dem Verfassen eines Comics.
Anhand des Beispiels Apfelblüte können die Schülerinnen und Schüler vermuten und anschliessend erklären, wie eine Bestäubung bei Blütenpflanzen abläuft.
Beim Arbeitsauftrag zur Bestäubung liegen die Denk-, Arbeits- und Handlungsweisen betrachten, beschreiben, vermuten, benennen, vergleichen und erklären im Fokus. Der ergänzende Auftrag zum Aufbau einer Blüte knüpft an das Vorwissen der Kinder an und unterstützt sie bei der Repetition der einzelnen Blütenteile.
Im zweiten Schritt lernen die Schülerinnen und Schüler die unterschiedlichen Bestäubungsarten kennen. Ein kurzer Infotext gibt eine Übersicht – er ist bewusst knappgehalten, damit Vermutungen zu den Bestäubungsvarianten möglich sind. Das neue Wissen wird in einem Arbeitsauftrag vertieft. Das Schärfen des Blickes, das genaue Betrachten und Vergleichen im Auftrag (sowohl die Nahaufnahmen der Blüten als auch die animierten Bestäubungsabläufe) bereitet die Schülerinnen und Schüler auf den nächsten Schritt zum Forschen draussen vor: Dort sollen sie versuchen, Bestäubung zu beobachten, erkennen und zu beschreiben.
Nun beobachten und erforschen die Schülerinnen und Schüler drei verschiedene Pflanzen mit ihren Blüten (z.B. Bäume, Sträucher, Gräser oder Stauden). Zuerst wird die gesamte Pflanze betrachtet: Wie ist der erste Eindruck? Vielleicht duftet die Pflanze ganz intensiv oder es schwirren ganz viele Insekten um sie herum. Anschliessend werden die einzelnen Blüten aus der Nähe betrachtet. Nicht bei allen Pflanzen sind dieselben Blütenteile gleich gut erkennbar. Die Blütenteile unterscheiden sich zum Beispiel in Form, Farbe, Grösse oder Anzahl. Gewisse Pollenkörner (bei Bestäubung durch Insekten) sind auch klebrig.
Weiter vergleichen die Schülerinnen und Schüler ihre drei Pflanzen miteinander in Bezug auf die Bestäubung und erstellen dazu eine Tabelle "Gemeinsamkeiten – Unterschiede". Welche Pflanze könnte selbst- und welche fremdbestäubt werden? Was spricht dafür und was dagegen? Die SuS notieren sich Auffälligkeiten und auch Fragen. Zum Beispiel kann es sein, dass ein Kind nur Pflanzen mit derselben Bestäubungsart ausgewählt hat und ein anderes Pflanzen mit drei unterschiedlichen Bestäubungsarten erforscht.
Die Schülerinnen und Schüler verarbeiten ihre Beobachtungs- und Forschungsergebnisse zu einem Lapbook. Das Lapbook ist eine Art Falt- oder Klappbuch und eignet sich zum Festhalten, aber auch zum Ordnen und Strukturieren des angeeigneten Wissens. Es ist eine geeignete Form, wenn ein Thema übersichtlich und in einer komprimierten Form dargestellt werden soll. Hier sind es die Beobachtungen der drei Forschungspflanzen, die unterschiedlichen Bestäubungsarten (Fremdbestäubung durch Wind/Insekten, Selbstbestäubung), die Fragen und Vermutungen der Schülerinnen und Schüler. Ein Lapbook ist für unterschiedliche Zyklen geeignet, da die SuS beim Erstellen selber entschieden, wie viel Text, Skizzen, Fotos, Tabellen, Diagramme, etc. darauf abgebildet sein sollen. Weiter kann auch bei der Kreativität variiert werden: Leporelloelemente, Einschübe oder Fächer, Drehschreiben, eingeklebte Briefumschläge, etc. Beim Erstellen eines Lapbookes liegt der Fokus auf der Gestaltung und der Verarbeitung von Informationen, es ist eine aufwändige Gestaltungsarbeit.
Ein Papier im Format A3 (auch A2) ist die Basis des Lapbooks und kann auf das Format A4 gefaltet werden. Es ist möglich, sowohl den inneren Bereich, als auch die Aussenseiten zu gestalten. Damit das Buch geschlossen bleibt (wenn z.B. Pflanzen eingeklebt werden, etc.), können auch Verschlüsse gebastelt werden. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Wichtig ist dabei aber stets, den Zeitaufwand im Hinterkopf zu haben. Er ist abhängig vom Alter der Schülerinnen und Schüler, von deren Erfahrungen, Kreativität, etc. Eine Zeitangabe für den Auftrag zu machen und auch für die Ausarbeitung und Fertigstellung zu Hause kann bei der Unterrichtsplanung helfen.
Mit den Naturama Aktions-Kisten, wie zum Beispiel der "Feld- und Wiesenkiste" oder der "Wild- und Honigbienenkiste" stehen zahlreiche Materialien für den Unterricht zur Verfügung. Neben den vielen Medien und den Modellen unterstützt die didaktische Umsetzungshilfe einen lebendigen, praxisbezogenen Unterricht auf allen Stufen.
Beim Museumsbesuch können die Bibliothek oder der Schulraum auf Anfrage zum Recherchieren und Bearbeiten der Forschungsaufträge genutzt werden.
Weitere Informationen:
Die "Werkstatt Wiese" bietet Lehrpersonen eine ideale Grundlage für einen Besuch im Naturama Aargau. Das Naturama besitzt zudem einen Aussenraum mit 300 verschiedenen einheimischen Pflanzen.
Zudem berät das Team des Fachbereichs Bildung des Naturama Aargau Lehrpersonen und Schulen rund um das Thema Pflanzen: Unterrichtsfragen, Medien, ausserschulische Lernorte oder Exkursionsdidaktik.
Weitere Informationen zum Besuch der Ausstellung, zum Lernen draussen und im Schulzimmer: